Auf den Spuren von John Wayne

Wild West RomantikSonnenaufgang über dem Monument Valley.

Für unseren Navajo-Guide muss es ein netter Spaß kurz vor Feierabend gewesen sein. Zwei reittechnisch völlig unbedarfte Touristen aus Deutschland, die eine Pferdemähne bislang nur von unten sahen, wollten schließlich un- und umfallfrei durch das Monument Valley geleitet werden. Auf dem Pferderücken in gefühlt zwei Meter Höhe. Aber hey: Auf der Internetseite stand schließlich, dass der Ritt auch für Anfänger geeignet sei. Also rauf auf den Gaul und los geht’s. Hüa!

Die ersten Meter fühlen sich überraschend gut an. Das Pferd spricht offenbar kein Deutsch. "Hüa" hat es zumindest nicht als Aufforderung für Tempo verstanden – wahrscheinlich besser so. Gemächlich schreiten wir zu dritt durch den roten Wüstensand. Von den Hufen der Pferde wirbelt Staub auf. Unser Guide reitet voraus. Wir müssen nicht viel tun, außer die Zügel zu halten – unsere Pferde folgen fast blind.


So genießen wir den Blick vom Pferd auf die wohl ikonischste aller Wild-West-Landschaften: Das im Abendlicht kräftig rot leuchtende Monument Valley. John Ford kommt einem in den Sinn. Der vermeintlich berühmteste aller Western-Regisseure hat hier zehn Filme gedreht. Nach ihm ist sogar ein Aussichtspunkt benannte, der John Ford’s Point.

Der Cowboy-Sattel wirkt zwar schon nach der ersten halben Stunde hart, aber noch ist es ganz komfortabel. Auf die Frage, ob es hier denn nicht Klapperschlagen gebe, gibt unser Guide gern Auskunft: Doch, doch, die gibt es hier schon. Nur jetzt - es war April - schliefen sie noch. Wir wissen nicht ob letzteres stimmt, glauben ihm aber gern. Nicht zuletzt, da er erzählt, dass manches Pferd doch äußerst nervös auf ein unerwartetes Blind Date mit einer Klapperschlange reagiert. Ja, manches buckelt dann auch schon mal. Hoffentlich nicht heute.

Der Profi und seine SchattenDie Abendsonne wirft lange Schatten fast bis zum East Mitten Butte.

Zugegeben: Man fühlt sich schon ein bisschen erhaben auf so einem Pferd. Das kommt wahrscheinlich von der exponierten Sitzhöhe – und vermutlich liegt es auch an der Umgebung und unserer unverhofften Privattour. Wir sind die einzigen Teilnehmer auf dem Ausritt. Während andere im Auto über den Monument Valley Scenic Drive holpern, umkurven wir den East Mitten Butte in völliger Stille auf dem Pferderücken, während die Sonne am Horizont langsam verschwindet.

Wohl auch weil wir allein sind, und vielleicht auch weil sich unser Guide ein wenig amüsieren wollte, schlägt er vor, es doch auch einmal mit einem Galopp zu probieren. Leicht übermütig willige ich ein. Was soll schon schief gehen. Damit es vorwärts geht, müsse ich dem Pferd in die Flanken treten, rät der Navajo. Für ihn ist Reiten seit Kindergarten das natürlichste der Welt. Der hat leicht reden. Meine ganz offensichtlich zu zaghaften ersten Versuche kratzen das Pferd kein Stück. Wir stehen, wo wir stehen.

CowgirlSpätestens vor der Kulisse des West Mitten Butte (links) und dem Merrick Butte fühlen wir uns ein bisschen wie im Western - nur ohne Colts.

Irgendwann will es dann doch, wie ich will – zumindest ein bisschen. Das Pferd fängt an zu traben, spürbar schneller als noch im Konvoi. Von einem Galopp bin ich gefühlt aber so weit entfernt wie ein Hobby-Sprinter von Usain Bolt. Nach ein paar dutzend Metern wird es dem Pferd zu blöd. Wir drehen ab.

Wir befinden uns auf dem Rückweg. Das wissen auch die Pferde. Etwas flotter als noch zu Beginn des Ritts schreiten sie durch das dürre Gestrüpp der Wüste. Die Aussicht auf Wasser und Futter lockt. Weil sie sowieso wissen, wo es hingeht, darf nun auch ich die Gruppe anführen. Oder anders ausgedrückt: mein Pferd.

Zurück an der Station, zurück auf zwei Beinen, fühlen wir uns trotzdem ein bisschen wie John Wayne. Die Pferde haben zwar eindeutig einen eigenen Willen. Doch wir haben sie durch das „wilde“ Monument Valley gesteuert. Und zwar souverän, aber sowas von. Wir gehen mit guten Gefühl und dem Wissen, dass die Erinnerungen an diesen Ausritt für immer unvergesslich bleiben – die Schmerzen im Gesäß nur wenige Tage.

WasserbarDie Pferde zieht es nach dem Ritt an die Tränke.

Wo der Bär seine Ohren hat

Fallen Roof RuinDie heruntergefallen Platten des Sandgesteins verliehen diesen alten Behausungen ihren Namen.

An jenem April-Tag könnten wir meinem Wunsch, eine Klapperschlange in freier Wildbahn zu beobachten, näher gewesen sein als es uns lieb ist. Als wir aus dem Road Canyon wieder Richtung Parkplatz aufsteigen, tappen wir durch knöchelhohes, dürres Gestrüpp. Einfach dem schmalen Pfad folgen. Aber warum biegt der hier jetzt rechts ab, müsste es nicht links weiter gehen? War der beim Abstieg auch schon so schmal? Wo genau ist er jetzt hin? Ähm. Wir haben uns verlaufen.

Aber von vorn: Nur selten begegnen wir Autos, als wir den Moki Dugway, eine staubige, Schotter-Passstraße erklimmen. Früher ratterten hier Trucks mit Uranerz durch die Serpentinen, heute ein paar einzelne Touristen, vor allem Einheimische. Die Straße führt auf das Cedar Mesa Plateau, das im Bears Ears National Monument liegt.

Das Naturschutzgebiet gehört zu jenen, die vor Donald Trump eigentlich keiner kannte: Nicht einmal ein Jahr, nachdem sein Amtsvorgänger Barack Obama das Gebiet zum National Monument ernannte, dampfte Trump die Fläche 2017 schon wieder um 85 Prozent ein, begleitet von zahlreichen Protesten der Navajo-Indianer. Ihnen wurde im Schutzgebiet Mitspracherecht versprochen.

Warum Bears Ears so interessant war? Nun ja, es könnte an den hunderten Uran-Förderstätten gelegen haben, die sich im Schutzgebiet befanden. Nach Trumps Schrumpfungs-Beschluss waren 300 Förderstätten plötzlich wieder außerhalb des National Monuments.

Neben Uran-Lagerstätten befindet sich hier besagter Road Canyon. Es gibt hier alte indianische Kornspeicher und Behausung im Fels, die ein bisschen an den Mesa Verde Nationalpark in Colorado erinnern, nur eben kleiner – und deutlich unbekannter. Was schön ist.

Moki DugwayDie staubige Serpentinenstraße überwindet auf fünf Kilometern mehr als 300 Höhenmeter.

Besonders die „Fallen Roof Ruin“, einem kleinen Ensemble alter indianischer Felsverschläge, hat es uns angetan. Nur ist die nicht so leicht zu finden. Ausgeschildert ist sie nicht. Der im Navi gespeicherte GPS-Standort führt uns eine staubige Dirt-Road entlang. Irgendwo müssen wir links in einen unscheinbaren Abzweig zu einem Parkplatz abbiegen.

Wie das mit unscheinbaren Abzweigen so ist: Wir rauschen vorbei, selbst in Schrittgeschwindigkeit. Am Ende haben wir ihn dann doch gefunden. Vom „Parkplatz“ – ein paar halbwegs schattigen Plätzen unter Gestrüpp – geht es hinab in den Road Canyon. Durch ein ausgedorrtes Flussbett, das wohl nur zu Sturzfluten Wasser führt, geht es in Richtung der alten Kornspeicher.

Dürres LandDurch ein trockenes Flussbett geht es in den Canyon.
WüstenpflanzeManche Blume findet selbst in der trockensten Gegend noch genügend Wasser.
Gut getarntWer nicht von den Felsbehausungen weiß, kann sie schnell übersehen.

Dann stehen sie da, die drei vermutlich jahrtausendalten Kornkammern, unter einen Überhang des Sandsteins gedrängt. Stumme und doch vielsagende weil außergewöhnlich gut erhaltene Zeugen längst vergangener Tage.

Auf dem Rückweg wurde uns zum Verhängnis, dass wir ein entscheidendes Detail in der Wegbeschreibung nicht allzu ernst genommen haben: Unbedingt die Stelle zum Übergang in das ausgedorrte Flussbett merken. Wieder mal amerikanische Übervorsicht, dachten wir. Kann ja nicht so schwer sein. Nun ja. Zwei Stunden später stehen wir auf der falschen Seite des Canyon-Randes. Wir sind falsch abgebogen. So viel zur deutschen Gründlichkeit.

Da das Flussbett von oben gut einzusehen war ging’s also querfeldein den sandigen Hang hinunter, über Felsen und Steine und durch Gestrüpp. Eigentlich bestes Klapperschlangen-Territorium, möchte man meinen. Doch nirgends klapperts. Schade eigentlich. Wieder kein Klapperschlangen-Foto.

PfadfinderinIst das jetzt der richtige Weg zurück?

Die große Schlucht

Desert ViewFarbenprächtig zeigt sich der Grand Canyon am Ostende des Nationalparks.

Der vermutlich erste europäisch-stämmige Amerikaner, der auf dem Colorado 1857 in den Grand Canyon 1857 reiste Joseph Christmas Yves, hat sich schwer getäuscht. Die Gegend sei völlig wertlos und könne ohnehin nur vom Süden her erschlossen werden. Nachdem man die Schlucht erreicht habe, sei das einzige, was man noch tun kann, sie wieder zu verlassen. Seine wäre die erste und zweifellos letzte Expedition in diese profitlose Gegend.

Zu Yves Verteidigung muss man sagen: Er sollte prüfen, ob der dort bis dato völlig unerschlossene Colorado-Abschnitt für eine Handelsroute taugt. In diesem Punkt behält er bis heute Recht. Wertlos ist die Gegend aber nicht. Ganz und gar nicht.


Der Grand Canyon Nationalpark gehört zu den meist besuchten Naturattraktionen der Welt. Gemeinsam mit den 58 anderen Nationalparks haben die Amerikaner ihre einzigartige Natur nicht nur in Teilen geschützt, sondern zugleich zu einem einzigartigen Geschäftsmodell ausgebaut. Das wird einem schon klar, wenn man abends kurz vor Sonnenuntergang auf den Parkplätzen am Südrand Runden dreht, um noch einen freien Platz zu finden, einen statt Stille das Geplapper hunderter Menschen empfängt.

Der Grand Canyon ist ein beeindrucktes Naturmonument. An den Hotspots gleicht er bisweilen aber leider oft einem Vergnügungspark. Manch vermeintlich Wagemutige gleiten an einer Zipline in einen Teil der Schlucht oder werfen durch den Glasboden des „Skywalk“ einen Blick in die Tiefe. Tagesbesucher aus Las Vegas lassen sich mit dem Helikopter unten am Colorado für ein Picknick absetzen. Der Klassiker unter den Attraktionen ist gewiss eine Rafting-Tour im Colorado River.

Kaibab TrailVom Südrand des Grand Canyon führt der Kaibab Trail hinunter in die Schlucht. Maultiere schleppen täglich Verpflegung und sogar Touristen zur Phantom Ranch und zurück.

In den Reiseblogs und den sozialen Medien verpassen die Nutzer ihren Beiträgen dann oft den Hashtag „#adventure“. Mit den Abenteuern, die Yves oder später auch der wesentlich bekanntere Forscher John Wesley Powell auf dem Colorado unternahmen, hat das nichts zu tun. Kaum ein Begriff wurde in den vergangenen Jahren so entwertet wie dieser.

6,7 Millionen Besucher zog es 2017 an die große Schlucht in Arizona. Den meisten reicht ein kurzer Blick vom gut erreichbaren Südrand in den 1,6 Kilometer tiefen, 446 Kilometer langen und bis zu 29 Kilometer breiten Schlund. Den fast sieben Millionen Besuchern standen 2017 nur 1,2 Millionen Übernachtungen im Park gegenüber.

RotlichtAnhand der dutzenden Felsabbrüche lässt sich die Weite des Parks nur erahnen.

Zugegeben, die Zahlen jener, die vor den Toren des Parks in Tusayan übernachten, dürften darin nicht enthalten sein. An der Hektik aber ändert das nichts. Der Südwesten der USA ist für Millionen Touristen ein typisches Road-Trip-Ziel. Getreu dem Motto: „So. Gesehen. Weiter“ rauschen sie von einem Naturspektakel zum nächsten. Auch wir.

Doch an vielen Orten, nicht zuletzt dem Grand Canyon, wird einem schnell klar: Auf diese Weise ist es völlig unmöglich, den Naturmonumenten gerecht zu werden. Der Blick in den Schlund ist gewaltig. Wie gewaltig wird einem aber erst dann klar, wenn die Touristenmassen des Tages abgezogen sind.

VerschlungenSteile Serpentinen führen den Kaibab-Trail hinab.

Wenn nachts der eiskalte Wind über die Abbruchkante pfeift, das Geplapper verstummt ist, der sternklare Himmel die Konturen unten in der Schlucht bläulich tönt, der Blick an so viele Kanten haften bleibt, der Kopf mit dem Bild aber doch keinen Begriff für die schiere Größe dieser Schlucht findet - dann erst versteht man, wie einzigartig der Grand Canyon ist. Kein Foto - und schon gar kein Selfie - kann dies auch nur annähernd einfangen.

Selbst eine kurze Wanderung in den Canyon hinein lässt einen nur im Ansatz erahnen, was sich wohl hinter den unzähligen Kehren und Wenden verbirgt, wenn nach kurzem Weg plötzlich der obere Rand aus dem Blick rückt und alles nur kein Ende der Schlucht, geschweige denn der Colorado an ihrem Fuße in Sicht ist.

Zumindest wird hier klar, dass der Army-Leutnant Yves noch in einem anderen Punkt recht hatte, wenn er schrieb: „Vermutlich ist es die Absicht der Natur, dass der Großteil des einsamen und majestätischen Flusses Colorado für immer unbedacht und ungestört bleibt.“

GratwanderungWährend der Mond schon über dem Nationalpark aufgeht, wirft die Sonne ihre letzten Strahlen des Tages auf die Felsformationen.

Dürres Death Valley

Salzige AngelegenheitDer Fußweg, der sich vom Parkplatz am Badwater Basin auf den Salzsee zieht, wird von Touristen täglich akribisch plattgewalzt.

Death Valley, Badwater Basin, Devil’s Golf Course, Devil’s Corn Field - klingt verheißungsvoll, nicht? Totes Tal, schlechtes Wasser, irgendwas mit Teufel (Namen mit „Devil“ fanden offenbar schon frühe Marketingstrategen in den USA im Zusammenhang mit „Tod“ unglaublich originell) klingt auch irgendwie… naja, trocken eben.

Tot wirkt es im Death Valley allerdings nicht so richtig, was vor allem an den dutzenden Touristen liegt, die sich, wie wir, durch die Wüste schieben. Folgt man diesen Strömen von Las Vegas kommend über den Zabriskie-Point hinein ins Badwater Basin zum tiefsten Punkt des Tales, 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel, ist der Nationalpark doch sehr belebt.

Dort unten legt sich die Luft über den grell weißen Salzflächen wie Schlieren vor die Augen. Für einen Moment fühlt es sich an wie eine Fatamorgana, aber zum Glück eben nur für einen Moment. Oder doch nicht? Na gut, kein Geier über unseren Köpfen. Wird schon passen.

Kantige AngelegenheitSo abgewetzt wie auf dem platt getretenen Fußweg ins Badwater Basin sehen die Salzseen bei genauerem Hinsehen dann doch nicht aus.

Aber ja: es ist heiß. Selbst bei unserem Besuch im April waren es dort unten knapp 40 Grad. Da ergibt das amerikanische Prinzip, mit dem Auto bis direkt vor die Sehenswürdigkeit zu fahren, ausnahmsweise mal Sinn.

Neben staubtrockenen Ebenen mit imposanten Gesteinsformationen findet sich hier auch gelbes, rotes und grünes Gestein auf dem Artist Drive. Die Vielfalt der Ödnis hat immer wieder Filmproduzenten aus Hollywood angelockt - egal ob für Western mit John Wayne oder Star Wars.

Artist DriveDer kurze Abstecher über den Artist Drive zeigt dass das Death Valley mehr als nur ocker kann.

Wer aber meint, längere Wanderungen über Stein, Sand und Salz zu unternehmen, sollte laut Nationalparkempfehlung mindestens eine Gallone, also knapp vier Liter Wasser, einrechnen - pro Nase wohlgemerkt.

Der Name „Death Valley“ kommt - der Legende nach - jedenfalls nicht von ungefähr. 1849 soll sich eine Reisegruppe mit Planwagen auf der Suche nach einer Abkürzung in die dürre Ebene begeben und verirrt haben. Je nachdem wem man zuhört und wo man liest, sind aus der Reisegruppe eine bis mehr als ein Dutzend Personen gestorben. Vom Rest, der einen Weg hinaus gefunden hat, soll eine Person zum Abschied noch „Mach’s gut, Tal des Todes“ gerufen haben - daher der Name. Nett, nicht?

Ein gewisses Planwagen-Verbot gibt es übrigens bis heute: Wer den Südwesten zwischen Mitte Mai und Mitte September mit einem gemieteten Wohnmobil durchqueren will, sollte einen großen Bogen um den Nationalpark machen. Bei den meisten großen Vermietern ist der Trip ins Death Valley dann verboten. Wer es doch wagt und den Camper in die Grätsche zwingt, bekommt vielleicht auch Geier zu sehen.

Tot? Von wegenAuch im Death Valley gibt es Leben. Man muss nur genauer hinschauen.

Übertriebene Warnung übervorsichtiger Amerikaner? Nicht wirklich. Als wir nachts noch durch das dann gottverlassene Tal zur nächsten Unterkunft fuhren, kamen wir tatsächlich an einem liegengebliebenen Camper vorbei. Und das kann mitten in einem Nationalpark von 14.000 Quadratkilometern - fast so groß wie Thüringen - dann schon einsam werden.

Und manchmal kommt das Beste eben wirklich zum Schluss, na gut, fast zum Schluss: Der Sonnenuntergang an den Sanddünen der Mesquite Ebene (Mesquite Flat Sand Dunes). Als hätte da gerade ein riesiger LKW seine Ladung verloren, liegt inmitten von Stein und Salz plötzlich diese riesige Sandfläche. Die Dünen türmen sich sogar bis zu 30 Meter in die Höhe. Hier scheint alles im Fluss, wenn die Schatten des Lichts immer länger und umwundener werden. Und weil der Wind die Form des Sands ständig ändert, ist das Schauspiel eines der wenigen, die tatsächlich an jedem Abend einzigartig sind.

Sandmann-ParadiesDie Mesquite Flat Sand Dunes im Abendlicht.

B wie Bryce Canyon

Queens-Garden-TrailDie warmen Farben des Felses, die Pinien - wer würde schon vermuten, dass der Park auf 2400 bis 2700 Metern liegt?

Alleine der Name transportiert schon etwas Mystisches: "Hoodoos" heißen die schlanken, spitzen Gesteinspyramiden, die im Bryce Canyon Nationalpark zu tausenden dicht an dicht stehen. Manch einer behauptet, die Felsformationen ähnelten Wächtern. Wer ganz viel Fantasie hat - oder wahlweise etwas sehschwach ist - , kann darin vielleicht sogar eine natürliche Version der Terrakotta-Armee ausmachen, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass diese Armee der Felspyramiden kein Mausoleum für einen chinesischen Kaiser ist.


Die Hoodoos des Bryce Canyon befinden sich weit von China entfernt, im Südwesten des US-Bundesstaats Utah. Deren Name klingt übrigens nicht nur mystisch, in ihm schwingt auch etwas Unheilvolles mit: Ins Deutsche übersetzt heißt "hoodoo" so viel wie "Unglücksbringer". Ein bisschen was könnte da auch dran sein: Weil Wind und Wetter die Sandsteinformationen permanent abschleift, kann es durchaus passieren, dass die ein oder andere kegelförmige Spitze einmal abbricht.

NadelmeerAm Einstieg des Navajo-Loop-Trail sehen die Felspyramiden noch wie harmlose Steinspitzen aus.

Von oben sehen die Gesteinspyramiden noch aus wie ein Meer aus Nadelspitzen. Wer jedoch über den Navajo Loop Trail vom Sunset Point aus in Serpentinen in die Felslandschaft hineinwandert, wird schon bald von den orange leuchtenden Felswänden überwältigt, die es auch mit Hochhäusern aufnehmen könnten. Nicht umsonst trägt eine besonders enge Stelle des Trails den Namen "Wall Street", angelehnt an die engen Felsschluchten an der Südspitze Manhattan. Leider war diese bei unserem Besuch gesperrt.

Steilwände wie ScheuklappenDer teils steile Navajo-Loop-Trail verläuft teils in Serpentinen durch die Felswände.

Wer den Nationalpark besucht, sollte sich von der warmen Farbe des Feldes besser nicht täuschen lassen, zumindest was all jene Touristen betrifft, die im Frühjahr oder Herbst kommen. Es ist bei weitem nicht so heiß, wie es scheint. Der Bryce Canyon Nationalpark liegt auf 2400 bis 2700 Metern Höhe. Entsprechend kühl wird es nachts. Bei unserem Besuch Mitte April lag vereinzelt noch Schnee, nachts lag die Temperatur unter dem Gefrierpunkt. Das macht übrigens auch das Packen für eine Südwest-USA-Rundreise so schwierig: Selbst im April muss man klamottentechnisch noch auf alles von Minusgraden bis jenseits der 30 Grad (Death Valley) eingestellt sein. Wir haben der schweren Winterjacke im Koffer übrigens das klassische Zwiebelprinzip vorgezogen - nein, kein Sack Zwiebeln im Koffer.

Der Garten der KöniginDer "Queens-Garden-Trail"schlängelt sich durch die Hoodoos hindurch.

Am Bryce Canyon wurde uns vielleicht stärker als an anderen Orten der riesige Nachteil eines Roadtrips bewusst: Die kurze Aufenthaltsdauer. Genau genommen hatten wir für diesen Park nur etwas mehr als einen halben Tag Zeit, die Nacht eingerechnet: Am späten Nachmittag angekommen, Wanderung über den Navajo-Loop-/Queens-Garden-Trail und noch eine kurze Stippvisite am Morgen, bevor es weiterging. Dabei zählt der Bryce als einer der besten Spots für Sternenfotografie in den USA. Kurz vor dem Sonnenuntergang zog sich die Wolkendecke zu. Wir müssen also noch einmal zurück.

BuntDie farblichen Kontrasten prägen den Bryce Canyon Nationalpark.

Von A wie Arches bis Z wie Zion

Landscape ArchDer Felsbogen kommt auf eine Spannweite von 88,4 Metern, was ihn zum längsten seiner Art macht. In den vergangenen Jahren bröckelten große Stücke aus dem Bogen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er einstürzt.

Vor der nächsten Reise ist ja bekanntlich nach der letzten Reise. Und spätestens vor der nächsten Reise wird es Zeit für ein bisschen Nachlese nach der letzten Reise. Und die, also die letzte, liegt nun schon wieder genau ein Jahr zurück. Es wird also höchste Zeit.

Damit meine Fotos auf meinen Festplatten nicht nur schnöde digital vor sich hinvegetieren, möchte ich etappenweise einige zur Schau stellen. Etappenweise trifft es ganz gut, denn die Reise zog sich über viele Etappen: Es war ein Roadtrip über 23 Tage und 5000 Kilometer quer durch den Südwesten der USA.

Weil hier nicht unsere Route sondern die besuchten Orte im Fokus stehen, versuche ich mit einer losen alphabetischen Reihenfolge Ordnung ins Reisechaos zu bringen. Da der Arches Nationalpark im Bundesstaat Utah mit einem "A" beginnt, gebührt ihm der Auftakt.


Als wir dort ankamen waren wir schon eine Weile in den USA unterwegs und alle Amerikaner warnten uns: Wir hätten so ziemlich das ungünstige Wochenende des Jahres getroffen um nach Moab, gewissermaßen das Basecamp des Parks, zu fahren. Schließlich sollte genau dann die Jeep Safari stattfinden. Einmal im Jahr, an Ostern, pilgern Jeep-Fahrer aus ganz Amerika in den 5000-Einwohner-Ort, um mit ihren Geländegefährten über die roten Felsen der Gegend zu brettern.

Tatsächlich waren Jeeps und andere ATVs omnipräsent. Wer nicht mindestens mit hochgelegter Karosse ankommt, fällt aus dem Raster. Wie praktisch, dass wir auch einen Jeep hatten - wenn auch die eher städtische Variante, den Compass, den wir dann lieber doch nicht über die Felshügel gejagt haben.

Höher- statt tieferlegenMoab wimmelt während der "Jeep Safari" nur so von geländegängigen Fahrzeugen. (Im Bild: Nicht unser Mietwagen.)

Die Amerikaner haben jedenfalls nicht Recht behalten. Es war so ziemlich das beste Wochenende, um in den Arches Nationalpark zu fahren. Schließlich waren gefühlt sämtliche Camping-Plätze und ein Großteil der Hotelzimmer von Teilnehmern der Jeep Safari reserviert. Die uns vorausgesagten Staus am Parkeingang gab es nicht und der Park war angenehm leer im Vergleich zu dem, was uns vorausgesagt wurde.

Arches am AbendHinter dem roten Gestein des Arches Nationalpark lugen die schneebedeckten La Sal Mountains hervor.

Seinen Namen hat der Park wegen seiner dutzenden spektakulären Felsbögen bekommen - "arch" heißt ins Deutsche übersetzt "Bogen". Nicht minder spektakulär sind übrigens die Wanderrouten zu den "Arches", wie etwa über die Felsrücken des "Devil's Garden" zum "Double-O-Arch". Das setzt natürlich voraus, dass man nicht nur die Felsbögen ansteuert, die die Amerikaner mit einem eigenen Parkplatz ausgestattet haben.

Die Bögen entstehen übrigens durch Erosion, die langsam aber sicher die Gesteinsschichten der Felsrücken aushöhlen bis ein Loch und schließlich die Arches entstehen. Der Prozess schreitet natürlich auch bei den bestehenden Bögen immer weiter voran. Früher oder später werden sie einstürzen. Beim "Landscape Arch", der eingangs des Posts zu sehen ist, vermutlich früher als später. Die letzten großen Felsabbrüche hat es dort offenbar Mitte der 1990er Jahre gegeben. Der "Double-O-Arch" sieht da noch etwas langlebiger aus.

Double-O-ArchDer Weg zu diesem Doppel-Bogen und zurück führt gut 6,6 Kilometer über und zwischen die Felsrücken des "Devil's Garden" hindurch.

Die Tatsache, dass der Park - vermutlich - ungewöhnlich leer war, schützt natürlich nicht vor organisatorischen Pannen. Am ersten (von zwei) Abenden hatten wir den Sonnenuntergang am Delicate Arch geplant, dem wohl bekanntesten Felsbogen des Parks, schließlich ziert er das Nummernschild Utahs.

Auf dem Weg dorthin hatten wir, wie so oft, den ein oder anderen Stopp zu viel eingelegt und selbst eine kleine Joggingeinheit brachte uns neben so manch irritiertem Blick nichts mehr ein. Naja, was soll's. Abendessen verlängert und auf die Nacht gewartet. Dann eben ein Sternenfoto.